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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Gesundheit und Wohnungslosigkeit

 

Leitsatz

 

Das Leben auf der Straße macht Krank. Übereinstimmend zeigen verschiedene medizinische Studien, dass die gesundheitliche Verfassung wohnungsloser Menschen überwiegend als schlecht oder besorgniserregend zu bezeichnen ist. Das Leben auf der Straße begünstigt das Entstehen von

Krankheiten durch:

• eingeschränkte Hygiene -möglichkeiten

• kaum Schutz vor Hitze, Nasse, Kalte, Zugluft

• Angst vor gewalttätigen Übergriffen

• konkrete Gewalterfahrungen

• Stress durch die ständige Suche nach einer sicheren Schlafgelegenheit

• permanenter Schlafmangel

• Mangel- und Fehlernährung

• Lebenskrisen

• individuelles Risikoverhalten r

• gesundheitsschädliche Arbeitsplatzbedingungen

• Arbeitsplatzverlust und Arbeitslosigkeit ,

• Mangel an menschlicher Zuwendung und Vereinsamung

Das Risiko krank zu werden kann vermindert werden durch gesündere Ernährung, ausreichende Bewegung, mäßigen Genussmittelgebrauch sowie eine gesicherte Übernachtungssituation. Für wohnungslose Menschen gibt es scheinbare und tatsächliche Hindernisse, im Krankheitsfall ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hinzu kommt: Viele Wohnungslose scheuen den Weg zum Arzt.

 

Personenkreis

 

Wissenschaftliche Untersuchungen weisen bei wohnungslosen Menschen gehäuft folgende Krankheitsbilder nach:

  • Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen

  • Erkrankungen der Verdauungsorgane

  • schlechter Zustand der Zähne

  • Hautkrankheiten

  • Erkrankungen des Skelettsystems

  • Verletzungen in Folge von Straßenverkehrs- oder Arbeitsunfällen ,

  • akute Infektionskrankheiten

  • psychiatrische Erkrankungen, dazu gehören auch Alkoholkrankheit mit ihren Folgeerkrankungen

Viele der Untersuchten Leiden gleichzeitig unter mindestens drei verschiedenen Erkrankungen.

Das durchschnittliche Sterbealter Wohnungsloser liegt bei 46 Jahren. Eine große Zahl der Todesfälle heute durch eine einfache medizinische Behandlung verhindert werden können (beispielsweise antibiotische Behandlung von Infektionen). Die bisherigen Untersuchungen zur spezifischen Gesundheitssituation wohnungsloser Menschen beziehen sich überwiegend auf Männer. Gesicherte Daten über Frauen liegen kaum vor. Es ist davon auszugehen, dass ihr Gesundheitszustand ähnlich schlecht ist. Erfahrungen zeigen, dass viele wohnungslose Frauen im Bestreben nach einem gesicherten Schlafplatz eine Beziehung zu einem Mann eingehen. Diese Konstellation fuhrt häufig zu einem Abhängigkeitsverhältnis, das oft von sexueller Gewalt, Angst und damit verbundenem hohen psychischen und physischen Stress geprägt ist.

 

Problembeschreibung und Lösungswege

 

Das medizinische und sozial psychiatrische Gesundheitssystem kann von wohnungslosen Menschen nur unzureichend genutzt werden. Bedingt durch negative Erfahrungen, erlebte Abweisungen, Scham, Ängste oder fehlende Krankheitseinsicht suchen wohnungslose Menschen Arztpraxen nur selten auf. Weitere wichtige Hürden sind die Praxisgebühren erforderliche Zuzahlungen zu Medikamenten oder fehlende Krankenversichertenkarte. Ziel ist, dass auch wohnungslose Menschen im bestehenden Gesundheitssystem behandelt werden. Doch die beschriebenen Umstände erschweren den Zugang hierzu Zwingend ist deshalb der Abbau von Zugangsschwellen in das Gesundheitssystem. Nothilfen in Form von Ambulanzen oder ärztlichen Notdiensten sichern in vielen Fallen das Überleben. Deshalb sind Versorgungsstrukturen und zusätzliche Hilfeangebote notwendig. Durch folgende pragmatische Ansatz soll eine Notversorgung gewährleistet werden:

  • Überwindung der reinen ,,Komm-Struktur" durch aufsuchende medizinische und pflegerische Hilfen;

  • Schaffung einfach zugänglicher medizinischer Versorgungsangebote;

  • Bereitstellung von Krankenwohnungen für bettlägerige Patienten, die keiner stationären Krankenhausbehandlung bedürfen;

  • Zum nachhaltigen Nutzen bedürfen Angebote der medizinischen Notversorgung zwingend der Kooperation mit örtlichen Diensten und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe.

Die Notversorgung ist kein Ersatz für die medizinische Normalversorgung; diese Versorgungsangebote sind als Ergänzung anzusehen. Um weiterer Ausgrenzung vorzubeugen, darf keine gesonderte Armutsmedizin etabliert werden.

 

Jede dauerhaft In Deutschland lebende Person ist krankenversicherungspflichtig. Besteht kein aktueller Versicherungsschutz, ist die letzte gesetzliche oder private Krankenversicherung zur Wiederaufnahme verpflichtet. Bei Bürgern, die Arbeitslosengeld beziehen, werden die Beitrage von der Arbeitsagentur entrichtet. Für Bezieher von Leistungen nach dem SGB XII zahlt die Sozialhilfe. Menschen, die weder ein Einkommen haben noch über den Bezug von Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld versichert sind, müssen die Beiträge selbst finanzieren. Hierfür gelten Mindestbeiträge In der Praxis kommt es zu Versicherungslücken, die es dem Gesetz nach gar nicht geben durfte. Die kassenärztliche Vereinigungen haben einen sogenannten Sicherstellungsauftrag. Danach ist die medizinische Versorgung aller Bürger in ihrem Versorgungsgebiet sicherzustellen. Dazu gehören selbstverständlich auch wohnungslose Bürger (§ 31 Abs. 1 SGB V).

Literatur:

• Grabs, I. (2006): Todesursachen von Wohnungslosen in Hamburg, Eine Analyse von 307 Todesfällen, Med. Dissertation, Hamburg

• Greifenhagen, A., Fichte; M. (1998): Verrückt und obdachlos – psychische Erkrankungen bei wohnungslosen Frauen, in: Wohnungslos 3/98, S. 89-98

• Ishorst-Witte F., HeinemannA., Püschel K. (2001): Erkrankungen und Todesursachen bei Wohnungslosen, Archiv für Kriminologie H., 208 $.129-138

• Trabert, G. (2000): Obdachlosenmedizin sozialmedizinische Aspekte, in: Gostcmzyk, I. (Hrsg.): Loseblattsammlung, Angewandte Sozialmedizin, Handbuch für Weiterbildung und Praxis, Verlag ecomed, Landsberg/Lech

• Trabem G. (1995): Gesundheitssituation und Gesundheitsverhalten von alleinstehenden, wohnungslosen Menschen im sozialen Kontext ihrer Lebenssituation, VSH Verlag Soziale Hilfe, Bielefeld

 

Weitere Informationen:

Evangelische Obdachlosenhilfe in Deutschland e.v.

Fachverband im Diakonischen Werk der Evangelischen

Kirche in Deutschland

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www.evangelische-obdachlosenhilfe.de