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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Migration und Wohnungslosigkeit

Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund wenden sich an das Hilfesystem der Wohnungslosenhilfe. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung war ihr Anteil lange Zeit relativ niedrig. Dies lag zum Teil daran, dass soziale Unterstützungsnetze wie Familien und Nachbarschaften bei Menschen nichtdeutscher Herkunft auch in prekären Situationen häufig noch funktionierten. Doch ihre Tragfähigkeit Lässt nach. Denn insgesamt sind Migrantinnen und Migranten besonders stark von Arbeitslosigkeit, Armut und Ausgrenzung betroffen. Sie befinden sich häufig in Lebens- lagen, die als verdeckte Wohnungslosigkeit gelten. Migrantinnen und Migranten sind auf dem Wohnungsmarkt strukturell benachteiligt, ihr Wohnstandard ist erheblich schlechter als bei deutschen. Hinzu kommt, dass die Schwelle zur Inanspruchnahme von Hilfeleistungen wesentlich höher ist als bei Einheimischen: Nur wer als ,,gut integriert" gilt oder einen  vorteilhaften rechtlichen Status hat (etwa durch zwischenstaatliche Abkommen), hat , beispielsweise Chancen auf Hilfen nach dem Bundessozialhilfegesetz (ab 2005 SGB XII). Doch wer staatliche Unterstützung in Anspruch nimmt, kann unter bestimmten Voraussetzungen selbst nach Langjährigem Aufenthalt ausgewiesen werden.

Der Ausländerstatus überlagert die Hilfeangebote auch in der Wohnungslosenhilfe

Ebenso vielfältig wie die Lebenslagen von Menschen mit Migrationshintergrund sind auch die Problemlagen derjenigen, die bei der Wohnungslosenhilfe um Unterstützung nachsuchen. Klassische Arbeitsmigrantinnen und -migranten sind aus den genannten Gründen u.a. gesetzliche Hürden und verdeckte Wohnungslosigkeit bei den Hilfesuchenden unterrepräsentiert, ebenso Menschen mit Aussiedlerstatus. Eine Ausnahme hiervon bilden jedoch zunehmend Angehörige der zweiten und dritten Generation.Weit überproportional ist der Anteil von Flüchtlingen. Hier spielen auch materielle Notlagen bedingt durch das restriktive Asylbewerberleistungsgesetz - eine Rolle. Allerdings kann und darf diesen Menschen im Rahmen der Wohnungslosenhilfe sehr häufig nicht geholfen werden. Außerordentlich problematisch ist dies bei Menschen ohne Aufenthaltsstatus- sogenannten Illegalen, die in besonderer Weise hilfebedürftig sind. Die wichtigsten Gründe für einen Wohnungsverlust sind auch bei Migrantinnen und Migranten strukturelle und wirtschaftliche Benachteiligung sowie Beziehungskonflikte und Gewalt in Familien und Partnerschaften.Vor allem junge Menschen haben als wichtigsten Auslöser Konflikte mit ihrer Herkunftsfamilie, die zum Verlust von sozialen Bezügen führen. Bei Frauen und Mädchen stehen gewaltgeprägte Lebensumstände im Vordergrund. Zwischen dem Hilfebedarf und der Verwirklichung besteht oft eine erhebliche Spannung: In jedem Einzelfall muss geprüft werden, ob eine Hilfe nach dem Gesetz überhaupt möglich ist. Zugleich ist die Inanspruchnahme von Hilfe im Verhältnis zu einer drohenden Ausweisung zu bewerten. Schließlich gibt es Personen, die zur Wahrung ihrer Menschenwürde dringend der Hilfe bedürfen, aber am wenigsten Zugang dazu haben: So genannte Illegale, deren Existenz von Gesetzgeber und Behörden weitgehend totgeschwiegen wird. Die Hilfen für diese Menschen konzentrieren sich deshalb auf den niederschwelligen Bereich wie Notübernachtungen, Tagesstätten und ambulante medizinische Notversorgung. Um Menschen mit Migrationshintergrund gerecht zu werden, bedarf es einer ständigen Fortbildung der Fachkräfte der Wohnungslosenhilfe und einer intensiven Kooperation mit den Migrationsfachdiensten - etwa in psychosozialen Fragen, bei Problemen aufgrund des kulturellen Hintergrunds, bei komplizierten ausländerrechtlichen Fragen oder bei Verständigungsschwierigkeiten.

Hilfe nach § 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zu § 72 Bundessozialhilfegesetz (ab 2005: § 67-69 SGB XII) wird gewährt, wenn ,,besondere Lebensverhältnisse derart mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, dass die Überwindung der besonderen Lebensverhältnisse auch die Überwindung der sozialen Schwierigkeiten erfordert.” Besondere Lebensverhältnisse können eine fehlende oder nicht ausreichende Wohnung oder gewaltgeprägte Lebensumstände sein. Je nach Aufenthaltsstatus, zwischenstaatlichen Vereinbarungen und Integrationsgrad ist der Zugang zu öffentlichen finanzierten Hilfen unterschiedlich. Generell müssen sich Migrantinnen und Migranten legal im Bundesgebiet aufhalten, und sie dürfen nicht eingereist sein, um Sozialhilfe zu bekommen (§ 120 BSHG, ab 2005 § 23 SGB XII). Sozialhilfebezug kann nach § 46 des Ausländergesetzes ein Ausweisungsgrund sein. Zu fordern ist, dass diskriminierende Bestimmungen aufgehoben werden und somit der Zugang zu den Angeboten der Wohnungslosenhilfe ermöglicht wird bei Bedarf auch für so genannte Illegale. Denn je frühzeitiger Hilfe einsetzt, desto wirksamer verhindert sie ein Abgleiten in soziale Randständigkeit sowie gesamtgesellschaftlich zu tragende Folgeprobleme.

Literatur:

• Hammel, M. (2000): Zur Stellung der alleinstehenden Wohnungslosen

ausländischer Nationalität im Hilfesystem des BSHG, Bielefeld

• Kunz, S. (2001): Arbeit der Einrichtungen nach § 72 BSHG mit

wohnungslosen Migrantinnen und Migranten, wohnungslos 03/2001

• Steinbrenner M. (1997): Hilfe nach § 72 für wohnungslose Ausländer/

innen, RECHT konkret, in: www.evangelische-obdachlosenhilfe.de

 

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