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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Wohnungslose Frauen

 Dr. Carla Wesselmann, Dipl. Sozialarbeiterin mit langjähriger Erfahrung mit wohnungslosen Frauen und Frauen in Wohnungsnot sagt: „ich habe viele starke Frauen am Ende ihres langen Leidensweges kennengelernt. Keine von ihnen hat sich je träumen lassen in solch eine Lebenslage zu geraten. Wie gut wäre es für sie gewesen, sie hätten sich früher mit ihrer Not offenbaren und Hilfe erhalten können. Hilfe, die ihren jeweiligen individuellen Wünschen entspricht.“

Den meisten Frauen waren mögliche Hilfeangebote nicht bekannt. Oder die Scham, diese zu nutzen, war zu groß. Oder diese Hilfeangebote entsprachen schlicht nicht ihren Vorstellungen.

So sollen hier erste Informationen gegeben werden, wie Frauen in diese Lebenslage hinein gelangen können. Denn wohnungslose Frauen bzw. Frauen ohne Wohnung leben oft uner-kannt und unsichtbar mitten unter uns.

Sie sind unterschiedlichen Alters und Herkunft. Junge Frauen flüchten oft vor häuslichen (Gewalt) Konflikten, andere werden zum 18. Geburtstag aus Unterstützungsmaßnahmen der Jugendhilfe entlassen. Andere junge Frauen kommen aus osteuropäischen Ländern und gelangen hier an sie ausnutzende Männer und finden sich oft ungewollt in der Prostitution wieder. Teils arbeiten die Frauen mit aber auch ohne Migrationshintergrund über Jahrzehnte gegen Kost/Logis und Lohn im Hotel- und Gaststättengewerbe; nicht selten auch als Saisonkräfte. Kommt es hierbei zu Konflikten mit dem Arbeitgeber oder die Gesundheit spielt plötzlich nicht mehr mit, kann diese Arbeit und die daran gebundene Unterkunft schnell verloren gehen. Finden die Frauen dann keinen Unterschlupf bei Freunden oder Bekannten, können sie schnell auf der Straße landen. Andere haben eine sehr gute Ausbildung oder auch Studium absolviert. Jahrzehntelang waren sie berufstätig, einige von ihnen stemmten dabei auch erfolgreich die Doppelbelastung Beruf und Familie. Diese äußerliche Stabilität kann nun aber im Falle des Auflösungsprozesses der Ehe / Familie ins Wanken geraten. Kommen weitere schwierige Ereignisse, wie Arbeitsplatzverlust oder/und Krankheit hinzu, verschlechtern sich die finanziellen Verhältnisse. Prozesse der Ver- und Überschuldung können bis in die Insolvenz führen. Nicht selten wurden auch Bürgschaften für Partner übernommen.

Bis zu 90 % haben in ihren Herkunftsfamilien oder/ und in ihren Beziehungen Erfahrungen mit Gewalt gemacht (vgl. Enders-Dragässer et.al. 2000). Häusliche Gewalt in Form von Schlägen, sexueller Missbrauch, Vergewaltigung Demütigungen und Beschimpfungen jedweder Art ertragen die meisten von ihnen über lange Zeit. Sie sprechen mit keinem darüber, sie versuchen keinem zur Last zu fallen. Sie suchen sich selbst zu helfen. Dies betrifft vor allem Frauen mit Kindern. Denn sie haben zu allem Stress und Scham noch die Angst, ihre Kinder zu verlieren, wenn ihre Not bis hin zur Wohnungslosigkeit bekannt wird.

Frauen finden Mittel und Wege zu überleben. Manche lassen sich Tabletten verschreiben, andere beginnen sich mit Drogen Ruhe zu verschaffen. Doch dies hilft ihnen nicht auf Dauer. Vielmehr gelangen sie auf diese Weise in einen fatalen Teufelskreislauf von Abhängigkeit. Andere von ihnen fühlen sich verfolgt von ihnen Böse wollenden Stimmen und Geistern. Für diese Frauen, die dann schnell als „Verrückte“ abgestempelt werden, ist es mitunter besonders schwierig, sich auf reale Kontakte einzulassen.

Was alle Frauen vor allem brauchen sind Frauen bzw. Menschen, zu denen sie allmählich Vertrauen entwickeln können, die ihnen bei einer Tasse Kaffee/Tee nur „verständnisvoll und nicht urteilend“ zuhören. Sehr wichtig ist es, die Frauen ernst nehmen. Und mit ihnen gemeinsam ganz behutsam zu überlegen, was sie sich kurzfristig  an weiteren Hilfen wünschen und vorstellen können. So kann eine erste Basis des Vertrauens aufgebaut werden und daran können weitere Hilfen anknüpfen.

Es gibt dabei keine allgemeingültigen Patentrezepte. Denn jede wohnungslose Frau hat ihre individuelle Geschichte und Vorstellungen, wie sie weiter leben möchte. Ihnen hilft aber das Wissen zu verbreiten, wie Frauen in Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit hineingelangen können. Erfahrungen der Gewalt und traumatische Erlebnisse in ihrer Kindheit/Jugend oder auch später spielen oft eine wichtige Rolle. Sie hinterlassen ihre Spuren. So sind manche Frauen während der ersten Kontakte zunächst sehr misstrauisch, teils unnahbar und widersprüchlich im Handeln. Sie brauchen viel Zeit und diejenigen, die ihnen Hilfe anbieten, viel Geduld und Respekt. So kann der Beginn eines Hilfeprozesses, wie immer dieser im Einzelfall aussieht, gelingen.