^ Back to Top

Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Weg von der Straße

Ungarns Rechtskonservative wollen Obdachlosen in Asyle zwangseinweisen und so vor Kälte schützen. Kritiker nennen das Heuchelei.An Pathos mangelt es auf beiden Seiten nicht. „Wir sind Menschen“, steht auf den Transparenten einer Organisation mit dem Namen „Die Stadt gehört allen“. Ihre Mitglieder demonstrieren gegen das, was sie Kriminalisierung der Armut nennen. Mit einer Verfassungsänderung vor zwei Wochen hat Ungarns rechte Parlamentsmehrheit das „Wohnen im Freien“ – und damit die Obdachlosigkeit – wieder unter Strafe gestellt. Das Gesetz sei Teil seines „Kampfes gegen die Kälte“ behauptet ebenso pathetisch Regierungschef Viktor Orban. Das soll heißen: Die Wohnungslosen sollen in die Notasyle gehen. Dort will nämlich ein Teil von ihnen partout nicht hin. Und da wird der Staat aktiv und zwingt sie quasi zu ihrem Glück.In Ungarn sind unter der rechtskonservativen Regierung von Premierminister Orban einige Gesetze verabschiedet worden, die nicht nur international sondern auch im Land heftigen Streit und Unmut ausgelöst haben. Doch kein Gesetz legt die ideologischen Trennlinie so klar offen und spaltet die Gesellschaft, wie das Verbot des Wohnens im Freien. In keiner anderen Frage können sich die Anhänger der rechten Fidesz-Partei so wirksam – nach Ansicht ihrer Kritiker: scheinheilig – als „mitfühlende Konservative“ von ihrem Lieblingsgegner, den „kaltherzigen Liberalen“, absetzen.Obdachlose sind in Budapest allgegenwärtig. Die Geschäfte im Zentrum verschließen ihre Eingänge abends mit Scherengittern gegen den Bürgersteig, damit dort niemand im Schlafsack oder mit Pappen und alten Zeitungen zugedeckt und von seinen paar Habseligkeiten umgeben kampiert. Morgens schleichen Leute mit diesen Pappen und Zeitungsstapeln unter dem Arm durch die Stadt. Niemand weiß, wo sie geschlafen haben. In einer besonders kalten Nacht vor einigen Jahren wurden in Budapest rund 3 000 Obdachlose gezählt, die draußen kampierten.Um die 70 bis 80 Kältetote hat die Stadt in jedem der letzten Jahre verzeichnet, von denen allerdings nicht alle obdachlos waren. Etwa die Hälfte der Budapester Obdachlosen kommt nach einer Untersuchung aus dem ländlichen, verarmten Osten des Landes. Sie sind im Durchschnitt 46 Jahre alt. Jeder fünfte ist zwischen 18 und 25. Ein Viertel sind angeblich Roma.

mehr lesen