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Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Kein Zimmer ist mehr frei

Im vergangenen Jahr gab es in Tübingen zehn obdachlose Familien und damit doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Obdachlos ist nicht mehr nur der klassische Tippelbruder: Neben Familien sind immer mehr Frauen und junge Männer betroffen, die direkt vom Hotel Mama auf der Straße landen. „Mafiatorte!“ ruft einer an der Tür und verschwindet wieder. Yury Isaev hat sich in der Gemeinschaftsküche eine Tiefkühlpizza zum Abendessen gemacht. Der 28-jährige Jurastudent aus Moskau macht seit über zwei Jahren Abenddienst in der Notunterkunft für Obdachlose in der Kies äckerstraße. Den Dienst teilt er sich mit fünf anderen Studenten. Jeder macht im Monat fünf Dienste hintereinander.Wer nicht zwischen 18 und 22 Uhr kommt, findet keinen Einlass in die Notunterkunft. Im Winter sind die Türen von 17 bis 21 Uhr geöffnet.Neun Betten stehen zur Verfügung, es gibt Duschen, eine Waschmaschine und eine Küche. „Die Hausordnung muss unbedingt eingehalten werden“, sagt Isaev. Große Probleme, sie durchzusetzen, hat er nicht. Nur einmal in den zwei Jahren musste er die Polizei rufen. In der Unterkunft herrscht Alkoholverbot, stark Betrunkene werden nicht aufgenommen. Die Hausordnung sei vergleichsweise liberal, sagt Christa Schöffend, die zusammen mit Heinz Fischer die Notunterkunft leitet. In den Unterkünften in Balingen und Stuttgart gebe es beim Einlass Taschenkontrollen, in Böblingen einen Alkomattest.Es sind vielfach belastete Menschen, die in die Unterkunft kommen. Vor allem junge Männer reagieren pampig, wenn ihnen gesagt wird, dass um 22 Uhr Schluss ist. „So eine Grenze hat ihnen zu Hause niemand gesetzt. Da übernehmen wir auch elementare Erziehungsaufgaben“, sagt Schöffend. Ansonsten sind die Erwartungen an die Nutzer der Notunterkunft eher elementar: „Sie sollten halt nicht im Bett liegen bleiben.“ 1546 Mal wurde 2012 die Notunterkunft in Anspruch genommen, 301 Mal mehr als 2011.
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