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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Sommergrüße und Wünsche aus der Bahnhofsmission Zoo

Das war gut eben, ein Kaffee zum Feierabend im Cafe Manstein am Lietzensee. Seele baumeln lassen, das taten viele, bei immerhin 20 Grad in der Abendsonne.
Die Wetterprognosen für die nächsten Tage übertreffen und überschlagen sich, 25 Grad zur Mitte der der Woche, über 30 Grad zum Wochenende.
Alle sind happy, alle wollen raus, raus an die Sonne.
Alle?

2000 – 4000 Menschen, niemand vermag das richtig einzuschätzen, leben in Berlin auf der Straße, übernachten im Freien, jede Nacht. Im Winter stehen ihnen ca. 500 Notübernachtungsplätze zur Verfügung, im Sommer ca. 100. Wie hat man sich das vorzustellen? Campen am See, Urlaub, Müßiggang, relaxt in der Sonne sitzen, kein Alltagsstress? Ich würde es den Wohnungslosen gönnen, die Wirklichkeit ist aber eine andere: Überlebenskampf, Stress, Bedrohungen, Mängel, Angst, Hoffnungslosigkeit, Krankheit, Ausgrenzung, Tod, vieles mehr. Ich beschreibe hier nicht die Sonnenseiten des Lebens.
Stirbt ein wohnungsloser Mensch im Winter an den Folgen der Kälte, so erlangt er Ruhm als sogenannter Kältetoter, im Sommer wird das Sterben ausgeblendet, niemand nimmt Notiz davon. Es fehlt an allen Ecken und Kanten: Bekleidung, Essensspenden, Geld für Hilfen, Schlafsäcken oder zumindest Decken.

Heute früh fuhr ich mit dem Roller zur Arbeit zur Bahnhofsmission Zoo. Ich wohne nur ein paar Minuten entfernt, habe also einen kurzen Weg. Es war Sch…kalt – und zwar um 8.00. Ich versuche mir dann oft vorzustellen, wie wohl die letzte Nacht für Menschen war, die im Tiergarten genächtigt haben, unzureichend bekleidet, ohne gemütliches Bett, ohne eine wärmende Decke. Meine Fantasie kommt der Wirklichkeit dann vermutlich nur unzulänglich nahe, Sie werden meine Einschätzung aber teilen, das ist dann weder gemütlich noch romantisch. Nicht selten ist das gefährlich. Leicht erlangt man eine Erkältung, kann diese dann auch nicht entsprechend auskurieren, es folgt eine Lungenentzündung. Grundsätzlich bedenklich, aber das kriegt man schon hin, Sie oder ich, wir – mit Wohnung und guter Versorgung und netten Menschen, die uns dann beistehen. Für Kalle, Kathie, Bernadette und Ronny ist das aber lebensbedrohlich.

Hilfsorganisationen, der Senat, Medien konzentrieren ihre Hilfen auf die Wintermonate. Prima und wirklich danke! Bei jährlichen Steigerungsraten der Wohnungslosenzahlen von 10-15% gibt es in den letzten 10 Jahren aber kaum Erhöhungen der Hilfsangebote in den Sommermonaten, nein, seit 10 Jahren wird nicht gekürzt, das moderate Wort heißt Abschmelzen. Was aber zunahm, waren die Hilfen der Bürger, Ihr Mitfühlen, Ihre Tatkraft. Enorm – auch hierfür danke!!!

Jedes Jahr um die 4000 Schlafsäcke, die schützen, zu erhalten, ist schwer, das Thema ist etwas abgenudelt, nicht aber die Notlagen. Zum Teil erhalten wir in der Bahnhofsmission Zoo diese aus Australien, Athen, Liechtenstein und dem gesamten Bundesgebiet.
Überwiegend aber aus Berlin.
Auch in diesem Jahr, eben auch speziell im Sommer ist bitte erneut Ihre Hilfe, Unterstützung gefragt, wir, unsere Gäste, vertrauen darauf.
Haben Sie keinen gebrauchten Schlafsack, ist Ihre Fantasie gefragt, fragen Sie bitte Tante Uschi, Ihre Nachbarn, Ihre Arbeitskollegen.
Bilden Sie Netzwerke.
Helfen macht glücklich – probieren Sie es aus.

Wir sehen uns in der Bahnhofsmission Zoo – herzlichst – Dieter Puhl