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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

„Die Situation ist unerträglich geworden“

Die medizinische Versorgung von Wohnungslosen wird immer schwieriger.

Jetzt schlägt der Kontaktladen Mecki, der Obdachlosen ärztliche Hilfe anbietet,Alarm: „Mittlerweile ist die Situation unerträglich geworden“, sagt Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes. Grund für die Misere ist der anhaltende Zustrom von Bedürftigen aus Osteuropa – und eine vergleichsweise kleine Finanzierungslücke:

„Für das Jahr 2016 erwarten wir ein Defizit von mindestens 23 000 Euro“, sagt Nadine Haandrikman-Lampen,

Leiterin der Sozialen Beratungsstelle für Personen in besonderen sozialen Schwierigkeiten.

Im Kontaktladen Mecki versorgt eine Krankenschwester täglich Obdachlose, sie wechselt Verbände oder verarztet

kleine Wunden. Zweimal wöchentlich gibt es dort zudem ärztliche Sprechstunden.

Für viele der rund 3000 in Hannover lebenden Obdachlosen ist dieses Angebot die einzige Möglichkeit, eine

medizinische Grundversorgung zu bekommen:

Rund 3200 Behandlungen werden in dem mittlerweile viel zu kleinen Kontaktladen unterhalb der Raschplatz-

Hochstraße Jahr für Jahr durchgeführt.

Seit zwei Jahren nehmen nun verstärkt Osteuropäer das Angebot in Anspruch:

„Allein im vergangenen Jahr haben rund 600 Personen zusätzlich zu den bisherigen medizinische Hilfe bekommen“, sagt Müller-Brandes. Das Problem dabei: Der Versicherungsstatus der Polen,

Letten oder Rumänen ist oft nur schwer zu klären. Auch bei wohnungslosen Deutschen ist es oft sehr aufwendig

herauszufinden, welche Krankenkasse für sie zuständig ist. Immer häufiger muss daher die Diakonie für die

Behandlung selbst aufkommen – in manchen Monaten muss sie die Kosten für mehr als 90 Prozent der Behandlungen übernehmen.

„Seit Jahren verhandeln wir mit den Krankenkassen“, sagt Haandrikman- Lampen: „Wir wollen erreichen, dass wir

eine Pro-Kopf-Pauschale für alle Behandlungen bekommen.“

Bislang bliebendie Gespräche jedoch erfolglos.

Inzwischen ist die Finanzierung des medizinischen Angebots nicht mehr gesichert:

In den vergangenen Jahren hatte der Landesverband des Diakonischen Werks mit jeweils 20 000 Euro einen großen Teil des Projekts finanziert, das jährlich mit rund 61 000 Euro zu Buche schlägt.

Diese Förderung läuft jetzt aus.

„Wir sind auf finanzielle Hilfe angewiesen“, sagt Haandrikman-Lampen. Das

Landessozialamt und die Region beteiligten sich zwar mit jeweils rund 10 000 Euro an dem Projekt, und dazu kommen regelmäßige Spenden: „Doch diese decken den Bedarf bei Weitem nicht mehr.“

Im kommenden Jahr gebe es ein Defizit von mindestens 23 000 Euro.Dazu kommt, dass der Bedarf steigt:

Immer mehr Menschen nehmen die medizinische Versorgung im Kontaktladen Mecki in Anspruch. Der nur etwa zehn Quadratmeter große Behandlungsraum sei im Grunde längst zu klein, sagt Müller- Brandes: „Wir bräuchten dringend größere Räume.“

Ähnliche Probleme hat, wie berichtet, die Malteser Migranten Medizin, die unter dem Dach der Caritas ebenfalls

Flüchtlingen ohne Krankenversicherungsschutz und Illegalen, darunter viele Rumänen, Bulgaren und Frauen aus

Ghana, eine kostenlose ärztliche Behandlung anbietet. Da die Patientenzahlen und damit die Kosten rapide gestiegen sind, zahlen die Malteser mittlerweile nicht mehr für Geburten in einer der städtischen Kliniken.

(Quelle Simon Benne HAZ 23. Juli 2015)