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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Wohnungslosigkeit von Frauen

Leitsatz

Wohnungslosigkeit von Frauen wird zunehmend als eigenständiges Themenfeld in den Blick genommen. Dennoch ist das Hilfesystem noch immer Überwiegend auf Männer zugeschnitten. Die Einrichtungen sind von männlichen Verhaltensmustern geprägt. Frauen haben deshalb oft nur ungenügend Schutz vor männlicher Belästigung und Gewalt. Infolgedessen nutzen viele die bestehenden Angebote der Wohnungslosenhilfe nicht. Die Erfahrung zeigt: Sobald es ein Angebot für Frauen gibt, wird es in Anspruch genommen. Neben einer verstärkten Orientierung bestehender Angebote an frauenspezifischen Bedürfnissen ist ein flächendeckendes Netz von Einrichtungen speziell für Frauen unabdingbar.

Grundprinzipien für frauenspezifische Hilfen sind:

  • Ein besonderer Schwerpunkt ist die Preventation,

  • die Angebote wenden sich auch an Frauen mit Kindern,

  • die Beratung knüpft an die Kompetenzen, Wünsche, Erfahrungen und Lebenslagen der Frauen an,

  • die Hilfeangebote sind organisatorisch und räumlich von

  • denen für Männer getrennt,

  • die Beratung erfolgt durch weibliche Fachkräfte.

Personenkreis

Drei Formen von Wohnungslosigkeit lassen sich unterscheiden:

• Eine vergleichsweise kleine Gruppe bilden Frauen, die offen wohnungslos sind und sichtbar auf der Straße leben.

• Weitaus mehr Frauen sind verdeckt wohnungslos. Sie kommen bei Freunden, Partnern oder Angehörigen unter Sie gehen häufig Zwangsgemeinschaften ein, um nicht auf der Straße leben zu müssen.

• Eine dritte, ebenfalls große Gruppe, bilden Frauen in latenter Wohnungslosigkeit. Sie leben in ungesicherten und unzumutbaren Wohnverhältnissen. Sie sind aufgrund von Beziehungskonflikten und gewaltgeprägten Lebensverhältnissen unmittelbar von Wohnungsverlust bedroht. Sie ertragen extrem schwierige Lebensbedingungen, um ihre Wohnung nicht zu verlieren.Da sie verdeckt und unauffällig damit umgehen, sind weitaus mehr Frauen wohnungslos, als lange Zeit angenommen wurde.

Der Frauenanteil unter den Wohnungslosen liegt bei 23 Prozent, das sind ca. 90.000 Frauen, von denen ca. 2.500 ohne jede Unterkunft auf der Straße leben (Stand 2001;

Angaben der BAG Wohnungslosenhilfe).

Problembeschreibung

Die wichtigsten Auslöser des Wohnungsverlustes bei Frauen sind strukturelle und wirtschaftliche Benachteiligung, Beziehungskonflikte und Gewalt in der Herkunftsfamilie, in der Ehe und in Partnerschaften. Wohnungslosigkeit ist ein zentraler Aspekt der Armutsproblematik bei Frauen.

Sie steht im engen Zusammenhang mit ökonomischen Entwicklungen und Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Frauenspezifische Sozialisation und traditionelle Geschlechterrollenzuweisungen, unter anderem geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, erhöhen das Armutsrisiko von Frauen in besonderer weise. Aufgrund ihrer Sozialisation zeigen Frauen über lange Zeit eine enorme Anpassungsfähigkeit. Sie bemühen sich, ihre Wohnungslosigkeit verdeckt zu halten und den

Anschein von Normalität zu wahren. Lange Phasen 0hne angemessene Hilfe verschärfen ihre Probleme. Die Belastung äußert sich oft in psychosomatischen und psychischen Krankheiten bzw. den Missbrauch von Alkohol, Drogen und Medikamenten. Daneben häufen sich Schulden aller Art.

Die Hilfeangebote müssen an der individuellen Lebenssituation der Frauen ansetzen und den Hilfe- und Veränderungsprozess unter Einbeziehung ihrer sozialen Kompetenzen und Ressourcen fördern.

 

Gesetzliche Grundlagen

Hilfe nach Parag.1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zu Parag, 72 Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) wird gewährt,“ wenn besondere Lebensverhältnisse derart mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind dass die Überwindung der besonderen Lebensverhältnisse auch die Überwindung der sozialen Schwierigkeit erfordert“

 

Besondere Lebensverhältnisse können sein:

  • Fehlende oder nicht ausreichende Wohnung. Dies trifft dann zu, wenn die Wohnung elementaren Anforderungen an menschenwürdiges Wohnen nicht genügt. Es trifft auch dann zu, wenn eine tatsächliche Wohnungslosigkeit dadurch verdeckt wird, dass eine Person bei Dritten notgedrungen Unterschlupf findet und dadurch in eine unzumutbare Abhängigkeit gerät.

  • Gewalt geprägte Lebensumstände: Sie bestehen bei Gewalterfahrung oder -bedrohung die so intensiv und aktuell sind, dass sie die Lebenssituation einer Person insgesamt bestimmen. In solchen Verhältnissen leben sowohl alleinstehende Frauen als auch Frauen mit Kindern. Bei allein-sorgeberechtigten Frauen mit mindestens ein Kind unter 6 Jahren greift vorrangig das Kinder- und Jugendhilfegesetz ( Sozialgesetzbuch III Parag. 19).

  • Die Aufnahme in ein Frauenhaus ist keine Maßnahme nach Parag. 72 BSHG. Möglich sind ambulante Hilfen nach Parag. 72 BSHG, wenn die sonstigen sozialrechtlichen Voraussetzungen, z.B. mangelnde Fähigkeit zur Selbsthilfe, erfüllt sind.

 

Literatur:

• Enders-Dragéssen U. u.a. (2000): Frauen ohne Wohnung — Handbuch für die ambulante Wohnungshilfe für Frauen, Kohlhammer Verlag, Stuttgart; Berlin; Köln

• Rosenke,W, (1997): Spezifische Hilfen für Frauen ohne Wohnung in: Dokumentation des Fachgruppensymposiums ,,Frauen in Wohnungsnot" (1998), Imprenta Verlag, Obertshausen.

Evangelische Obdachlosenhilfe e.v.

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