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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Wohnungslosigkeit und psychische Krankheit

Leitsatz

Wer wohnungslos und psychisch krank ist, benötigt angemessene Hilfe. Psychisch Kranke kommen zunehmend in die Beratungsstellen und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Dies hat vor allem zwei Gründe. Bei einem angespannteren W0hnungsmarkt finden Menschen selbst mit geringen psychischen Auffälligkeiten schwerer eine Wohnung und seit einigen Jahren wächst die Zahl der psychisch Kranken, die aus den  Kliniken entlassen werden und dann auf der Straße Ianden, wenn sie mit den psychiatrischen nachgehenden Angeboten nicht zurechtkommen.

Die Hilfe für sie orientiert sich an den Grundbedürfnissen jedes Menschen:

• Gesundheitsversorgung und Behandlung,

• Wohnen und Selbstversorgung,

• soziale Kontakte und eine feste Tagesstruktur,

• Arbeit und/oder sinnstiftende Tätigkeit.

Bei wohnungslosen psychisch Kranken ist die soziale und psychische Situation besonders genau zu analysieren. Sozialarbeiter müssen das jeweils passende Hilfeangebot organisieren und bereitstellen. Diese Hilfe muss sich an den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten des Klienten  orientieren. Bei keinem anderen Personenkreis ist der lebensweltorientierte Ansatz so zwingend. 

Für wohnungslose psychisch Kranke sind zwei Hilfesysteme  zuständig: Für die seelische Not das psychosozialer und l psychiatrische Versorgungssystem, fiir die soziale und materielle Not die Wohnungslosenhilfe mit ihren Beratungs-und Unterbringungsangeboten. In der Praxis arbeiten die beiden Hilfesysteme allerdings so unterschiedlich, dass Zuständigkeiten häufig hin- und hergeschoben werden. Die Folge: Betroffene werden nicht angemessen betreut und landen erneut auf der StraBe.

Personenkreis

Wohnungslose psychisch Kranke suchen selten Beratungsstellen auf, gehen nicht zum Psychiater und sind nicht in der Lage Anträge bei Behörden zu stellen, um ihre Situation zu verbessern. Sie sind oft nicht fähig, Sprechstunden einzuhalten, sich an therapeutische Einrichtungen zu wenden oder in Hilfeplankonferenzen ihre Interessen zu vertreten. Allenfalls nutzen sie die niederschwelligen Hilfeangebote der Wohnungslosenhilfe, z.B. Tagesaufenthaltsstätten und Notunterkünfte. In extremen Fällen sind die Streetworker die sie aufsuchen, die einzigen professionellen Kontaktpersonen. Der Anteil von Menschen mit psychischen Erkrankungen unter Wohnungslosen ist statistisch nur schwer zu erfassen. Je nach Definition und Art der Untersuchung wird von einem niedrigen bis hohen Anteil von psychisch Kranken ausgegangen. Klar ist: Die zwangsläufige Verknüpfung von Wohnungslosigkeit und psychischer Erkrankung ist falsch. Wohnungslosigkeit darf nicht psychiatrisiert werden.

Problembeschreibung und Lösungswege

Psychisch kranke Menschen ignorieren oftmals das Hilfesystem, das speziell für sie entwickelt wurde. Sie fühlen sich nicht ,,verrückt" und Iehnen psychiatrische Behandlung ab. Gleichzeitig fällt es ihnen schwer, sich selbst zu versorgen. Dem Leben auf der Straße sind sie nicht gewachsen. Sie suchen sich Nischen, in denen sie möglichst frei und doch versorgt Ieben können. Die offenen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe sind oft eine Lösung. Hier bekommen sie zu essen, finden Schutz und einen Platz zum Ausruhen, haben soziale Kontakte ohne sich in eine Therapie begeben zu müssen. Die wenigen Regeln in den Einrichtungen sind klar und einfach zu verstehen. Viele kommen mit diesem Rahmen gut zurecht. Andere schaffen es nicht: Sie ziehen sich zurück, stören durch Schreien oder gewalttätiges Verhalten, aber auch durch extreme Verwahrlosung.

Besucher und Mitarbeiter sind dann oftmals überfordert. Hausverbote sind häufig die Ietzte Konsequenz. Im Extremfall muss die Ordnungsbehörde gerufen werden, die bei Selbst- oder Fremdgefährdung eine Einweisung in die Psychiatrie einleitet. Verlässt der psychisch Kranke die Klinik wieder ohne ausreichende medizinische Versorgung und anschließende Betreuung, sind Verelendung und  soziale Isolation kaum vermeidbar. Dieser Teufelskreis lässt sich nur durch verantwortungsvolle Mitwirkung aller Beteiligten durchbrechen. Damit Hilfe gelingt, ist notwendig:

• die Kooperation des psychiatrischen Versorgungssystems und der Wohnungslosenhilfe,

• die verbindliche Abklärung der Zuständigkeit für jeden einzelnen Betroffenen,

• eine enge regionale Vernetzung der Hilfen, ,

• die Iangfristige Verantwortung und Hilfe durch feste  Bezugspersonen.

Gesetzliche Grundlagen der Hilfe

Menschen, die wohnungslos und psychisch krank sind, haben Rechtsanspruch auf Hilfen nach dem  Sozialgesetzbuch (SGB), hauptsächlich nach § 53 oder § 67 SGB XII. Nach § 53 SGB XII ist Personen, die nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, Eingliederungshilfe zu gewähren. Nach § 67 SGB XII ist Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Hilfe zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu gewähren, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Ziel beider Hilfearten ist, wie generell bei Leistungen des SGB XII, die Befähigung zur Selbsthilfe, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und die Sicherung eines menschenwürdigen Lebens. Das öffentlich-rechtliche Verfahren fur freiheitsentziehende Maßnahmen ist in den Gesetzen für psychisch Kranke (Psych KG) bzw. den Unterbringungsgesetzen der einzelnen Länder festgelegt. Das Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) Iegt hierzu bundeseinheitliche Rahmenbedingungen fest. Danach sind Zwangseinweisungen nur zur Abwendung akuter Selbst- und Fremdgefahrdung zulässig. Das zivilrechtliche Verfahren der Unterbringung im Rahmen einer  gesetzlichen Betreuung (Bürgerliches Gesetzbuch und Betreuungsgesetz) ist nur bei Selbstgefahrdung möglich.

Evangelische Obdachlosenhilfe e.V.
Fachverband im Diakonischen Werk der Evangelischen
Kirche in Deutschland
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www.evangelische-obdachIosenhilfe.de