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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Junge Menschen in Wohnungsnot

Leitsatz

Die Zahl der jungen Menschen, die auf der Straße oder in ungesicherten und problematischen Wohnverhältnisse leben, ist in Deutschland in den letzten Jahren besorgniserregend angestiegen. Diese jungen Menschen werden von klassischen Angeboten der Jugendhilfe nicht mehr erreicht. Zunehmend wächst das Verständnis dafür dass diese Menschen keineswegs nur ,,Probleme machen" (z.B. auf öffentlichen Plätzen), sondern eine sehr problematische Lebenslage zu bewältigen haben. Gerade jungen Menschen droht durch den Verlust eines gesicherten Wohnverhältnisses auch das Scheitern in Schule und Beruf. Nachhaltig wirksame Hilfeangebote für diesen Personenkreis müssen flexibel an den individuell unterschiedlichen Lebenslagen ansetzen und mit den Betroffenen gemeinsam ausgehandelt werden. Da das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) für junge Menschen grundsätzlich bis zum 27. Lebensjahr greift, ist hier nicht nur die Wohnungslosenhilfe sondern vorrangig die Jugendhilfe gefragt.

Personenkreis

Im Jahr 2000 wurden in Deutschland bereits bis zu 100.000 ,,Straßenkinder" geschätzt. Eine aktuelle Studie der Evangelischen Obdachlosenhilfe e.V. belegt zudem, dass inzwischen ca. ein Viertel der Hilfesuchenden in der wohnungslosenhilfe unter 28 Jahre alt ist. Wohnungsnot  junger Menschen drückt sich auf unterschiedliche Weise aus:

• Jugendliche, die ihren Lebensmittelpunkt auf die Straße verlagert haben, sind als ,,Spitze des Eisbergs" mittlerweile in jeder größeren Kommune sichtbar weitaus mehr junge Menschen leben verdeckt wohnungslos bei wechselnden Bekannten.

• Zudem suchen sich junge Menschen, die das Vertrauen in Behörden und Institutionen verloren haben, Nischen in alternativen Wohnverhältnissen wie Abbruchhäusern oder Bauwagen. Zunehmend halten sich junge Menschen auch in Einrichtungen der wohnungslosenhilfe auf. Das liegt u.a. daran, dass Jugendhilfemaßnahmen scheitern, verweigert werden oder 0hne Anschlussversorgung enden. Hinzu kommt, dass sozial benachteiligte junge Menschen, die lediglich wohnen möchten, ohne eine Betreuung in Anspruch zu nehmen, kaum Chancen auf eine eigene Wohnung haben.

Problembeschreibung

Auslöser für den ersten Schritt in die Wohnungsnot sind häufig belastende und gewaltgeprägte Familienverhältnisse. Während Mädchen jedoch so lange wie möglich in der Herkunftsfamilie verbleiben und bei Freunden und Bekannten unterkommen, werden Jungen früher und häufiger in Heimen, Jugendpsychiatrien u.ä. Untergebracht Obwohl das KJHG unterstützende Hilfen bis zum 27. Lebensjahr vorsieht, werden aus finanziellen Gründen längerfristig notwendige Jugendhilfemaßnahmen oft mit Erreichen der Volljährigkeit beendet. Deshalb wenden sich viele Betroffene an Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Oftmals sind diese Einrichtungen jedoch nur unzureichend auf die Problemlagen von jungen Menschen ausgerichtet, nicht zuletzt weil es dafür an personellen und finanziellen Ressourcen mangelt. Die schulische und berufliche Entwicklung kommt dann zu kurz, Suchtprobleme verstärken sich, tragfähige  Lebensperspektiven können nicht entwickelt werden. An dieser Schnittstelle zwischen Jugend- und Sozialhilfe werden beide Hilfesysteme den Anliegen junger Menschen häufig nicht gerecht. Die Vielfalt der Problemlagen junger Menschen und geschlechtsspezifische Unterschiede von Wohnungsnot erfordern ein differenziertes, jugendgerechtes Hilfesystem. Niederschwellige Angebote wie Streetwork, Sleep-ins und jugendgerechte Anlaufstellen sind hier von zentraler Bedeutung.

Grundlagen der Hilfe

Voraussetzungen gelingender Hilfe für junge Menschen in Wohnungsnot sind:

• Hinreichende Ressourcen sowohl in der Jugend- als auch in der Wohnungslosenhilfe sowie eine Vernetzung beider Hilfesysteme

• Ein Hilfeprozess, der an den Fähigkeiten und Kompetenzen der jungen Erwachsenen ansetzt und in einem transparenten Verfahren ausgehandelt wird. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür finden sich sowohl im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wie auch im Bundessozialhilfegesetz (SGB XII):

• §§ 9,13, 34, 36, 41 SGB VIII

· §§ 67If SGB XII: Anspruch haben Personen, deren

,,besondere Lebensverhältnisse derart mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, dass die Überwindung der besonderen Lebensverhältnisse auch die Überwindung der sozialen Schwierigkeiten erfordert".

• Die Hilfen, insbesondere nach § 41 SGB VIII, sind jungen Menschen nach geltender Rechtsinterpretation vorrangig vcr den Hilfen der §§ 67ff SGB XII zu gewähren.

Literatur:

• Bozenhardt, I./Lindenthal, L. (2002): Unter der Brücke rechts

Freiburger Studie zur Wohnungsnot bei jungen Menschen, Opladen

• Permien, H./Zink, G. (1998): Endstation Straße?, München

• Evangelische Obdachlosenhilfe (Hrsg.) (2004): Problemlagen der Hilfesuchenden in der Wohnungslosenhilfe; erstellt von GOE Bielefeld Stuttgart (Nothbaum, N./Kemper A./Lübken S.). Die Untersuchung ist abrufbar unter

www.evangelische-obdachlosenhilfe.de

Weitere Informationen:

Evangelische Obdachlosenhilfe e.V.

Fachverband im Diakonischen Werk der Evangelischen

Kirche in Deutschland

Postfach 101142

70010 Stuttgart

Tel.: 0711 /2159-725, -724

Fax: 0711 /2159-162

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wvvw.evangelische-obdachlosenhilfe.de