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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Rundertisch gegen Armut und Ausgrenzung Teil 2

   
   
   
Wie schon in meinem ersten Beitrag zu meiner Zeit in Brüssel geschrieben, nimmt man das Thema Armut langsam etwas ernster. So konnte auch ein Betroffener eine Begrüßungsrede vor allen halten. Dem Wunsch von Michael, die Beschlüsse umzusetzen, kann ich mich nur anschließen. Wie Michael in seiner Rede sagte, kann man Papier nicht essen und sich für Kommentare nichts kaufen.
Hier nun seine Rede:

Sehr geehrte Anwesende, ich freue mich Sie hier begrüßen zu dürfen, vom König und der Königin von Belgien bis hin zu den Armutsbetroffenen.

Mein Name ist Michael Schütte (Schuette), ich bin 57 Jahre alt, stamme ursprünglich aus Berlin, lebe jedoch seit neun Jahren in Wien.Ich kenne aus eigener Erfahrung zwei Seiten des Lebens, das heißt ich war einmal recht wohlhabend, wenn drei Rennpferde einen Maßstab dafür darstellen.Dann jedoch ein üblicher Weg: Zunächst die Trennung oder Scheidung, danach die Arbeitsstelle verloren und zuletzt auch obdachlos. Somit ist mir der Begriff „Armut“ als Betroffener wohlbekannt.
Die Österreichische Armutskonferenz sagt: „Arm ist nicht nur, wer in Pappschachteln am Bahnhof übernachten muss, sondern wer am normalen Alltagsleben nicht teilnehmen kann.“
Da spricht mir die Österreichische Armutskonferenz aus dem Herzen!
Um DAS, was viele Millionen Menschen täglich erleben müssen, den Entscheidungsträgern Europas klar zu machen, finden seit nunmehr neun Jahren alljährlich Treffen von Menschen mit Armutserfahrungen hier in Brüssel statt.
Dazu wurden auch in diesem Jahr im Juni einige Persönlichkeiten aus Politik und Öffentlichkeit eingeladen. Immerhin haben diese ihre Stellvertreter geschickt, die allerdings auch nicht vollzählig erschienen sind.
Und das ist ja schon ein guter Hinweis auf das Problem generell, nämlich dass sie die Sache mit der Armut der Menschen wenig ernst nehmen.
Welches sind denn diese Probleme, die SIE vermutlich und zum Glück nicht kennen?

 

mangelndes Einkommen
schlechte Wohnverhältnisse
fehlende Heizung
das fehlende Konto
die schlechteren Bildungsmöglichkeiten
Gesundheitsprobleme
Ignoranz und
Respektlosigkeit
Armut als Solche wird hauptsächlich von den Betroffenen wahrgenommen, darüber geredet wird allerdings oft und viel. Auch berichtet und geschrieben in den Medien.

Leider kann man sich für Kommentare nichts kaufen und das Papier kann man nicht essen!
Obwohl sich in den letzten Jahren sehr wenig zum positiven verändert hat, scheinen erst jetzt die Probleme groß genug, um in der Öffentlichkeit bemerkt zu werden.
Hoffentlich nicht nur im Jahr der Armut, sondern auch in den Folgejahren.
Es liegt vermutlich außerhalb Ihrer Vorstellungskraft, wie ein Mensch z.B. in Österreich mit einer Mindestsicherung von 744€ im Monat leben kann. Dieser Betrag liegt in etwa 300€ UNTER dem Existenzminimum. Aber über Zahlen kann man streiten, erleben muss man es!
Wir reden im Übrigen nicht von einigen wenigen Gestrandeten, wir reden von 80.000.000 Armutsgefährdeten und Armutsbetroffenen allein in der EU. Davon sind ca. 20.000.000 Kinder! 20.000.000 UNSERER Kinder!
Und da waren wir Delegierten des 9.Europäischen Treffens uns einig: um sie geht es, um die Kinder.
Natürlich abhängig von den Umständen in denen ihre Eltern leben.
Alleinerziehend, arbeitslos, working poor.
Wir bitten deshalb nicht um Almosen und leere Versprechungen. Die Zukunft, unser ALLER Zukunft liegt in den Händen und in den Köpfen unserer Kinder.
Wir FORDERN deshalb, und ich hoffe das Wort FORDERN ist stark genug, um bei Ihnen den Knopf auf „Empfang“ zu stellen, wir fordern:
Als ERSTES die Bedürfnisse der Kinder zu erfüllen, das ist die Basis für die Realisierung aller unserer Forderungen, die da lauten:

 

Mindesteinkommen für ein Leben in Würde

Zugang zu guten Sozialleistungen als Grundrecht

Leistbare Wohnungen bzw. ein "Wohnrecht für alle"

Gleiche Möglichkeiten der Bildung

Bessere Starthilfe für Jugendliche mit geringer Bildung

Bessere Angebote für Menschen mit Behinderungen

Kulturelle Teilhabe, leistbarer öffentlicher Verkehr...

 

um nur einiges zu nennen.

Wir brauchen eine gerechtere Umverteilung, um all das zu ermöglichen.
Wir brauchen Politikerinnen und Politiker, die Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen und Veränderungen realisieren anstatt nur darüber zu reden.
Und die ARMUT bekämpfen und nicht die ARMEN!
Wir brauchen die Partizipation der Betroffenen...
Und vergessen Sie bitte nicht:
"Wir sind arm aber nicht dumm!"

 

Vielen Dank für die Rede, ich wünsche mir sehr, das die Anwesenden etwas davon mitgenommen haben.
York Töllner