Der Vermieter kündigt dem Strassenfeger-Verein die Räume. Dort gibt es nicht nur die Straßenzeitung, sondern auch die einzige Notunterkunft für Obdachlose im Bezirk Pankow.Den „strassenfeger“ kennt in Berlin fast jeder, der regelmäßig die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt. Die Zeitung wird in S- und U-Bahnen von Obdachlosen verkauft. Herausgegeben wird sie von dem Verein mob – obdachlose machen mobil e. V., der seinen Sitz seit über zehn Jahren in der Prenzlauer Allee 87 hat, gleich gegenüber dem S-Bahnhof, gut erreichbar für seine Kundschaft.In den Vereinsräumen können nicht nur die die über 1600 registrierten Verkäufer die Zeitung abholen. Dort gibt es auch die einzige Notunterkunft für Obdachlose im Bezirk Pankow, ein Café und einen Trödelladen, wo Bedürftige für wenig Geld eine Nacht verbringen, Essen und Alltagsutensilien kaufen können. Noch. Denn der Vermieter hat die Räume gekündigt.„Die Wohnungssituation hat sich im Laufe der letzten Jahre im Prenzlauer Berg so verändert, dass es uns nicht mehr möglich ist, ein Projekt Ihrer Art in unserem Objekt zu halten“, steht in dem Ende Juni zugestellten Kündigungsschreiben. Der Verein hat dagegen Widerspruch eingelegt, schätzt die Chancen auf Erfolg aber selbst nicht sonderlich hoch ein.„Das ist ein Treppenwitz“, sagt Andreas Düllick, Chefredakteur des „strassenfeger“ und Mitglied im Vereinsvorstand. „Mob e. V. ist von Obdachlosigkeit bedroht. Absurd.“ Für viele Wohnungslose seien die Vereinsräume in der Prenzlauer Allee mit dem Kaffee Bankrott zu ihrem Wohnzimmer geworden, zum sozialen Treffpunkt. Und sie sind auch einer der wenigen Orte in Berlin, an denen man, wenn es nötig ist, spontan unterkommen kann, für 1,50 Euro die Nacht. Es gibt zehn Schlafplätze für Frauen und sieben für Männer.
Wohnungslose Menschen sind oft nicht in einem Melderegister und damit auch nicht in einem Wählerverzeichnis eingetragen. Um beispielsweise bei der Bundestagswahl wählen zu können, müssen sie schriftlich den Eintrag in ein Wählerverzeichnis beantragen. Dieser Antrag muss spätestens am 21. Tag vor der Wahl bei der Gemeinde gestellt werden, in der gewählt werden soll. Mit diesem Antrag wird gleichzeitig der Wahlschein beantragt, mit dem im Wahllokal oder per Briefwahl gewählt werden kann. Bevollmächtigte aus Beratungsstellen oder anderen Hilfeeinrichtungen können Sammelanträge, die persönlich und handschriftlich unterschrieben sein müssen, an das örtliche Wahlamt stellen. Auch wohnungslose Bürger können dann frei, geheim und unabhängig wählen. Die Rechtsgrundlagen finden sich im Bundeswahlgesetz (§§ 14ff.) und in der Bundeswahlordnung (§ 16 Abs. 2)
(Rolf Keicher EvO)
(Pixelio)
Auch Wohnungslose müssen sterben - nur kommt ihr Tod fast immer zu früh. Sie sterben häufig allein, ohne Trost und letztes Gespräch, in funktionalen, unpersönlichen Räumen oder auf der Straße.
Akteure aus der Wohnungslosenhilfe, dem Gesundheits- oder dem Palliativhilfesystem wissen, dass Wohnungslose viel früher sterben als der Durchschnitt der Bevölkerung. Obdachlose Menschen halten sich häufig bis kurz vor ihrem Tod auf den Beinen und haben wenige Möglichkeiten, Pflege und Hilfe anzunehmen. Die Rahmenbedingungen lassen die die Fragen nach einem würdigen Sterben kaum zu und die Praktikerinnen und Praktiker hilflos und wenig handlungsfähig zurück.
Jürgen K., * 28.11.1958 - 07.07.2013
Die Mobile Einzelfallhilfe begleitet wohnungslose Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, das vorhandene Hilfesystem zu nutzen geschweige denn zu erreichen. Wir haben immer das Ziel vor Augen, diese Menschen an das vorhandene Hilfesystem heranzuführen und für jeden Einzelnen, ohne auf die Uhr zu gucken, eine adäquate Lösung zu finden. Einer unserer Schützlinge war J. K., der uns seit längerem bekannt war. Jahrelang war sein „zu Hause“ das Gebüsch gegenüber der St. Bernhard Gemeinde in Dahlem. Hier lebte er unter Menschenunwürdigen Bedingungen zwischen Unrat, welcher sicherlich Ungeziefer, Mäuse und Ratten anlockte. Hinzukommt, dass Herr K. starker Alkoholiker war und er viele niedrigschwellige Hilfsangebote auch im Rahmen der Kältehilfe, ablehnte. Zu Herrn K. kamen wir durch einen Anruf der St. – Bernhard- Gemeinde, die ihn schon viele Jahre unterstützte, soweit ihnen dies möglich war. Da sein gesundheitlicher Zustand sich Anfang Mai deutlich verschlechterte und die
Gemeinde sich Sorgen machte und sich nicht mehr zu helfen wusste, riefen sie in der Bahnhofsmission Zoologischer Garten an und baten um Rat. Im Rahmen der Mobilen Einzelfallhilfe fuhren wir hin und stellten schnell fest, dass er bereits durch die erste Phase des Projektes bekannt war. Jedoch konnten wir seiner Zeit keinen richtigen Kontakt zu ihm aufbauen, zumal das Projekt dann wenig später eingestellt wurde. Wir erkannten schnell seinen enormen Hilfebedarf. So hatte er weder eine Krankenversicherung, noch einen Ausweis und bezog seit Jahren keinerlei Leistung. Er lebte nach eigenen Angaben, lediglich von den Spenden und Almosen aus seinem Dahlemer Umfeld. Aufgrund seiner psychischen Auffälligkeiten war die Arbeit mit Herrn K. sehr umfangreich und zeitaufwändig. Es fanden tägliche Besuche statt und wir bauten langsam ein Vertrauensverhältnis auf. Da er anfangs seinen Schlafplatz absolut nicht verlassen wollte, versuchten wir seine Ausgangssituation niedrigschwellig zu verbessern (nach Regenschauern brachten wir ihm neue Schlafsäcke, wuschen seine Wäsche in der Bahnhofsmission und ließen ihn hier ebenfalls duschen, da das letzte Mal bereits zwei Jahre zurücklag). Neben den täglichen Besuchen wurde nebenher, meist ohne ihn, ein Ausweis besorgt, eine Krankenversicherung geklärt, sowie eine ALG ll Leistung nach langem hin und her mit dem Job Center und dem Bezirksamt Lichtenberg gesichert. Anfangs fand noch eine Vorstellung ohne Krankenversicherung im Bundeswehrkrankenhaus statt, wo er teilweise Behandlungen ablehnte. Des Weiteren gab es eine Vorstellung in der Caritas Wohnungslosen Ambulanz in der Jebensstraße. Immer wieder wollte J. zurück nach Dahlem in seine vertraute Umgebung. Zwischenzeitlich schaltete sich die Polizei des Abschnitts 45, sowie der sozialpsychiatrische Dienst Steglitz -Zehlendorf in die Sache ein. Mit beiden gab es einen guten Austausch. Jedoch sahen sie keine rechtliche Handhabe um von Amts wegen etwas gegen den Willen des Betroffenen zu unternehmen. Herr K. kam dann doch mit in die Bahnhofsmission, wo wir ihn nach einem Tag überzeugen konnten, sich in ein Krankenhaus zu begeben. Es lief drauf hinaus, dass Herr K. in die Schlossparkklinik verbracht wurde, mit der es eine hervorragende Zusammenarbeit gab. In gemeinsamer Absprache wurde der sozial psychiatrische Dienst Charlottenburg-Wilmersdorf hinzugezogen. Ebenfalls wurde ein Betreuungsantrag gestellt. Die Schwierigkeit bei der Behandlung von Herrn K. war, dass er die meisten Sachen ablehnte. So ließ er anfangs eine Diagnostik kaum bzw. gar nicht erst zu. Wenn wir jedoch vor Ort waren, waren wir für das Pflegepersonal und die Ärzte ein stetiger Ansprechpartner und für J. Personen denen er vertraute. Sein Zustand verschlechterte sich stetig. Wir stellten wiederum einen Kontakt mit der ihm bekannten Kirchengemeinde her. Diese besuchten ihn an seinen letzten Tagen neben uns, was ihm eine deutliche Erleichterung, aus unserer Sicht, brachte. Im Gesamtüberblick betrachtet, hätte man Jürgen medizinisch nicht mehr viel helfen können. Es wurde ein großer Pankreastumor festgestellt, der sicherlich auf seinen jahrelangen Alkoholkonsum und seine Lebensweise zurückzuführen ist. Jedoch ist er unter menschenwürdigen Bedingungen von uns gegangen. Da er ein tiefreligiöser Mensch war, war es schön, dass sein Pfarrer noch ein letztes Mal bei ihm war und ihn bei seinem letzten Weg religiös begleitete. Einer der letzten Wünsche von J. war, dass er in seinem Umfeld Dahlem beigesetzt wird. Nach aller Wahrscheinlichkeit (wenn sich keine Angehörigen melden) kann diesem Wunsch entsprochen werden. Wir stellten einen Querkontakt zwischen dem Zuständigen Bezirksamt und der St. Bernhard Gemeinde her, die sich nun mehr um alles weitere kümmern wollen. Nach Aussagen des Pfarrers wird es dann eine Erdbestattung nach katholischem Brauch mit allem Drum und Dran geben. Die Mehrkosten dafür wird wohl die katholische Gemeinde in Dahlem übernehmen. Wir denken dies ist, trotz aller Traurigkeit, eine letzte wundervolle Geste und wird J. gerecht.
Mobile Einzelfallhelfer Berlin
Eine soziale Einrichtung wie die "Arche" – eine Einrichtung von "Bethel im Norden" für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen – ist in einem Wohngebiet nicht zulässig. Nach Beschwerden von Anwohnern hat die Stadt Diepholz dem Träger der Einrichtung an der Dr.-Wilhelm-Kinghorst-Straße jetzt einen entsprechenden Bescheid geschickt. Gegen diesen will "Bethel im Norden" (Freistatt) Widerspruch einlegen.
Die "Arche" war im Frühjahr vergangenen Jahres von der Lüderstraße, wo das bisherige Gebäude abgerissen wurde, zur Dr.-Wilhelm-Kinghorst-Straße umgezogen. Dort hatte „Bethel im Norden“ Räume einer ehemaligen Arztpraxis von dem privaten Eigentümer angemietet. Weder der Einrichtungsträger noch der Vermieter waren sich offenbar darüber klar, dass der Standort baurechtlich problematisch ist.
Anwohner, die in den täglich etwa 30 Besuchern der Wohnungslosen-Einrichtung Probleme sahen, wandten sich mit einer Beschwerde an die Stadt Diepholz, sammelten Unterschriften, schalteten einen Anwalt ein. Daraufhin nahm die Stadt Diepholz sich der Sache an.