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Informationen

Für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Archiv 2012

Keiner muss hungern und frieren!?

Alle Jahre wieder wird das Thema Obdachlosigkeit in den Wintermonaten diskutiert. Das Stadtbild in Heidelberg ist geprägt von Straßenmusikern und obdachlosen Menschen, die vor Geschäften, beim Postamt oder am Bismarkplatz um einen Obolus bitten, um sich etwas Essen kaufen zu können. Die Meinungen der Bürger gehen hierbei auseinander, sieht man doch die selben Bedürftigen nicht selten mit der Bierflasche in der Hand auf irgend einer Parkbank sitzen. Die Frage steht im Raum, inwieweit wird diesen Menschen in ihrer Not geholfen und nehmen sie die Hilfsangebote an? Auffallend ist, dass man nur selten jugendliche Obdachlose im Stadtgebiet sieht. Gehören sie nicht zu der betroffenen Personengruppe? Oder wird ihnen effektiv geholfen? Es gibt Stimmen, die behaupten, dass unter den jungen Erwachsenen das Problem "Obdachlosigkeit" keine bedeutende Rolle spielt. Andere erleben, dass Jugendliche sehr wohl von Obdachlosigkeit bedroht sind, jedoch auf eine andere Art und Weise mit dieser Lebenssituation umgehen. Jugendliche pflegen Freundschaften und sind so in ein Netzwerk von “Freunden, Kumpels und Kollegen” eingebunden. Gerät man in Not, dann wird gegenseitig ausgeholfen. So kommt es nicht selten vor, dass ein Jugendlicher, der nicht mehr zu Hause übernachten kann, einige Tage bei einem Freund übernachten kann. Manchmal überbrücken die wohnungslosen Jugendlichen schon einmal mehrere Wochen indem ihnen hier und da durch Gleichaltrige in ihrer Not geholfen wird.

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Krankheit, Tod und Trauer in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe

Tote haben keine Lobby. Dieser Satz trifft in unserer Gesellschaft besonders auf wohnungslose Verstorbene zu. Wenn Menschen ohne eigene Wohnung versterben, gibt es fast nie  Freunde, Angehörige oder Hausärzte, die etwas zur Vorgeschichte erzählen können. Wir wissen nichts über ihr Leben, ihre Krankheiten und nur selten die Todesursache. Aus  diesem Grund werden die meisten toten Wohnungslosen in die Leichenhalle des Instituts für Rechtsmedizin gebracht. Dort werden sie untersucht und häufig auch obduziert, so  dass wir nach dem Lebensende etwas über diese Menschen, ihre Erkrankungen, ihre Todesursachen und die Umstände des Sterbens sagen können. Damit kommen wir  natürlich einen Schritt zu spät. Eigentlich sind diese Menschen auch noch viel zu jung zum Sterben. Die anderen (gesellschaftlich eingebundenen und medizinisch gut versorgten)  Bürger leben drei Jahrzehnte länger. In Studien konnten wir zeigen, dass viele Wohnungslose an Krankheiten verstarben, die gut zu behandeln gewesen wären. Hinzu kommt, dass  sterben und Tod in der Szene der Wohnungslosen noch stärker tabuisiert werden als ohnehin in unserer Gesellschaft. So ist es schwer, Sterbende in ihrem Umfeld zu  begleiten und ihnen zu helfen und einen Raum für Trauer zu schaffen.

Die Herausgeber haben all dies zum Anlass genommen, diese Broschüre zu erarbeiten, die einerseits Sterben, Tod und Trauer in der Wohnungslosigkeit beschreibt, andererseits aber auch konkrete Antworten auf Fragen geben will, beispielsweise zu Rechtsfragen, Sterbebegleitung und Bestattung. Sie richtet sich an Akteure im Gesundheitswesen, in der  Wohnungslosenhilfe und andere geneigte Leser. Das weit verbreitete „Noli me tangere“ (wörtlich: „Rühr mich nicht an“) zu überwinden – in unserer wohlhabenden Gesellschaft –  ist zugleich eine Herausforderung und Verpflichtung. Ich bin mir sicher, dass hier Diskussionen angestoßen werden und ein Schritt hin zur Überwindung der Tabus Sterben und  Tod gemacht wird.
Prof. Dr. Klaus Püschel,
Direktor des Instituts für Rechtsmedizin des
Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf

Broschüre zum Download PDF

Leben am Rand der Gesellschaft

Die Zahl der Wohnungslosen in Ostwestfalen-Lippe steigt . Fast ein Drittel sind unter 27 Jahre alt. Die deutsche Wirtschaft wächst trotz Krise, der Arbeitsmarkt zeigt sich robust, da scheint sich das Problem der Wohnungsnot von alleine zu lösen. Doch weit gefehlt. Die Zahl der Obdachlosen in OWL ist rapide angestiegen.Manche Gesichter sind fast vertraut: Die zwei Punks mit den zerrissenen Hosen und dem Mischlingshund am Hauptbahnhof, die kleine, geduckt gehende Frau mit den Plastiktüten in der Hand, der junge Mann, der mit seinem Hut um ein paar Euros bettelt. Meist achtlos gehen die Menschen an ihnen vorbei. Doch sobald die Temperaturen sinken, fallen sie wieder ins Auge, erregen frierend unser Mitgefühl. Fast ein Drittel der Wohnungslosen ist unter 27 die Zahl steigt. Einer davon ist Stefan Schuster (Name von der Redaktion geändert). Seine Pechsträhne begann vor gut fünf Jahren. Erst verlor er seine Arbeit – durch den ständigen Alkoholkonsum auch seine Freundin und seine Wohnung. "Er war eine wirklich hilflose Person", sagt die Sozialberaterin Jutta Henke aus Herford. In die Obdachlosenunterkunft der Stadt wollte Schuster partout nicht gehen. "Wir dachten, es geht schief, dachten, den vergangenen Winter kann er draußen nicht überleben", erinnert sich Henke zurück.

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Maria und Josef im Ghetto des Geldes

Die wohlhabendsten Deutschen leben im Taunus bei Frankfurt: Banker, Manager, Industrielle. Was passiert, wenn man sie um Hilfe bittet? Eine Schauspielerin und ein Journalist haben sich – als obdachloses Paar verkleidet – kurz vor Weihnachten auf den Weg gemacht.Wo anfangen in diesem Ort, in dem alles klingt, als habe es für Monopoly Modell gestanden: im Schlosshotel? Auf der Parkstraße? Im Golfclub? Auf der Burg? Oder doch beginnen bei dem Zweifel, der uns auf dem Weg von Frankfurt hinauf in den Taunus begleitet hat, hartnäckig wie ein zugelaufener Hund: Darf man mit einer Lüge nach der Wahrheit suchen? Es ist ein Dienstagmorgen im Advent, kalt und grau. Wir sind mit der S-Bahn-Linie 4 gekommen, heraus aus Frankfurts Hochhauskulisse, durch das Gewürfel der Gewerbegebiete, vorbei an Streuobstwiesen und Pferdekoppeln, immer steiler bergan bis zur Endstation: Kronberg im Taunus, von Nebel verschleiert. Ein deutsches Wolkenkuckucksheim.Eine Statistik hatte uns hergelockt. Die Gesellschaft für Konsumforschung hat errechnet: Die reichsten Deutschen – jene mit der größten Kaufkraft – leben nicht auf Sylt und nicht am Starnberger See, sondern an den Hängen des Hochtaunuskreises. Industriellenfamilien und Bankiers, Millionäre und Milliardäre.

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Mit Mut und Einsatz gegen soziale Kälte

KircheEin Bericht aus dem Gemeindebrief der Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Georg Fürstenau

1 -2 mal im Jahr besucht uns im Pfarrbüro Jürgen Schneider. Er ist wohnungslos und arbeitet mit vielen Kirchengemeinden projektweise zusammen gegen soziale Kälte und Vorurteile.Heute möchte er sich im Gemeindebrief vorstellen.


Liebe Gemeinde in Fürstenau,

mein Name ist Jürgen Schneider. Ich bin 47 Jahre alt und hatte eine Idee. Dankenswerter Weise darf ich ihnen ein Projekt und einige Gedanken in ihrem Gemeindebrief vorstellen. Es geht mir auch darum Vorurteile abzubauen. In den letzten 3 Jahren, seit es das Projekt gibt, habe ich erfahren dürfen, dass es noch Menschen gibt, die den Menschen ernst nehmen. Eine gute Sache, denn egal wie ein Mensch lebt, man bleibt ein Mensch.

Vor über 20 Jahren hatten Studenten der Uni Hildesheim in Zusammenarbeit mit den Zentralen Beratungsstellen  der Wohnungslosenhilfe in Niedersachsen in einer Broschüre mit dem Namen "Berber-Info" die Hilfeeinrichtungen in diesem Bundesland aufgelistet. Das bis 2004 von der ZBS Oldenburg herausgegebene  Heft verschwand mit der Einführung von Hartz IV. Eine regional begrenzte Ausgabe gab es noch im Jahre 2007. Am 3. Dezember 2007 wurde die Seite www.berber-info.de ins Internet gestellt. Sie basiert auf der Idee des Wohnungslosen Jürgen Schneider (Jahrgang 1963), die Tradition von "Berber-Info" weiterzuführen und umfassende Informationen über Hilfemöglichkeiten für wohnungslose Menschen in Niedersachsen für jeden zugänglich zu machen. Mit diesem Gedanken wandte er sich an den Sozialarbeiter Rüdiger Fäth des Kirchenkreisamts Diepholz mit der Bitte um Hilfe. Der konnte den bereits seit längerem in Internetbelangen ehrenamtlich tätigen Dietmar Hamann (1952) aus Schwerin zur Mitarbeit gewinnen. Die Erfahrungen aus dem Internetauftritt der Schloßkirchengemeinde Schwerin und der Gestaltung des dortigen Gemeindebriefes konnten genutzt werden.

Mit erheblichem Aufwand wurden nun Fakten gesammelt und schnell stellte sich heraus: Eine Länderabgrenzung bezogen auf Niedersachsen, war wenig sinnvoll. Berber-Info beinhaltet seit dem Daten aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Information mit Berichten aus dem aktuelle Zeitgeschehen gewann an Bedeutung. Parallel wurde  durch Dietmar die Seite www.berber-international.de geschaltet, die Posts in verschiedenen Sprachen zeigt.

Erfahrungsaustausche anläßlich der Jahrestagungen der Nationalen Armutskonferenz und der Informationsaustausch mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. zeigten die umfassende Problematik der Armutsbewältigung. Bereits im Oktober 2009 gab es Überlegungen von York Töllner (Öffentlichkeitsarbeit und unser Mann im Süden) und Dietmar, ein Portal zu schaffen, das die gesamte Bandbreite umfasst und insbesondere zukunftsweisende Projekte vorstellen soll. Gemeinsam mit Brigitte Hartung (Nordrhein-Westfalen), inzwischen für EU-Kontakte zuständig, entschlossen wir uns, ein Portal mit dem Namen www.sozin.de zu gestalten. Geburtsstunde war die NAK Tagung anläßlich der Fokuswoche zum Jahr gegen Armut und Ausgrenzung 2010 am 21. Juni 2010 in Berlin.

Meine Idee geht noch weiter. Ich möchte dazu beitragen, dass gerade die Menschen, die sich in schwierigen Situationen befinden, den Kopf nicht in den Sand stecken. Sie können mich gerne als Beispiel nehmen, dass etwas erreicht werden kann. Ich kann Ihnen auch nicht genau sagen, wie ich das alles hinbekomme. Irgendwoher bekomme ich soviel Kraft und Energie, um durchzuhalten für eine in meinen Augen tolle und wichtige Sache.

Mittlerweile ist unser Projekt sehr groß geworden. Ein Zeichen dafür, dass es benötigt wird. Natürlich sollte man auch kritisch bleiben, aber es sollte  nicht damit übertrieben werden. In der heutigen Zeit ist es besonders wichtig etwas Wärme zu verbreiten. Denn viele Menschen, abgesehen von einigen, verbreiten schon soziale Kälte genug. Darum mache ich diese Sache gerne. Mit meinen Freunden von dem in Ihrem Gemeindebrief beschriebenen Projekt habe ich dadurch nochmals viel Freude erleben dürfen. Natürlich machen wir diese Sachen ehrenamtlich und mit viel Engagement.

Wenn Ihr Interesse geweckt ist, besuchen Sie uns doch einfach mal im Internet auf den angegebenen Seiten.

Ich wünsche Ihnen eine schöne Advents- und Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr! Vielleicht schafft man es ja, sich nicht so sehr von dem Trubel anstecken zu lassen. Vielleichtböeibt dann auch noch Zeit, an andere zu denken, egal wie und wo sie sind, egal wie sie leben und wohnen.

Einen herzlichen Gruß!

Jürgen Schneider